Integration und Gesundheit: Verbesserte Gesundheitskompetenz für Migrantinnen und Migranten in Wien

Einrichtung: Interface Wien

Zuständige Leiterin: Mag.a Margit Wolf

Einrichtung: queraum. kultur- und sozialforschung

Zuständiger Leiter: Mag. Michael Stadler-Vida

Maßnahmenleiter: Dr.med. Göksin Arath, g.arath@interface-wien.at

Laufzeit: 1. November 2016 bis 30. April 2018

Beschreibung

Die Bildungs-, Informations- und Beratungsangebote von Interface Wien sind ein vielversprechendes Setting für die Förderung der Gesundheitskompetenzen von Migrantinnen/Migranten in Wien. Der direkte Kontakt mit den Communities, die intensive (oft mehrjährige) und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kundinnen/Kunden und der Fokus auf die Weiterentwicklung von Alltagskompetenzen lassen den Schluss zu, dass sich die Förderung der Gesundheitskompetenz gut in die Angebote von Interface Wien einpassen lassen. Durch die im Rahmen des Projektes „Integration und Gesundheit“ partizipativ beschlossenen Maßnahmen wird eine gesundheitsorientierte Lebensführung der KundInnen sowie MitarbeiterInnen von Interface Wien gestärkt.

Ausgangslage

Gesundheit wird durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst: Neben soziodemografischen und sozioökonomischen Determinanten gibt es migrationsspezifische Faktoren, die sich auf die Gesundheit auswirken können. Den Gesundheitszustand negativ beeinflussen können zum Beispiel der Grund für die Migration, die Bedingungen während der Migration oder mögliche erlebte ethnische/kulturelle Diskriminierungen sein. In einigen Bereichen der Gesundheit, wie beispielsweise bei der subjektiven Einschätzung des Gesundheitszustands oder der Prävalenz von bestimmten Erkrankungen, lassen sich Unterschiede zwischen Personen mit Migrationshintergrund und Personen ohne Migrationshintergrund in Österreich feststellen. Maßnahmen zur Verringerung dieser Ungleichheiten, die bei der Informationsvermittlung und Förderung von Entscheidungs- und Handlungskompetenzen ansetzen (z.B. frei zugängliche Angebote wie Websites oder Selbsthilfegruppen) erreichen die betroffenen Personengruppen nur bedingt. Auf dem Weg zu einer gesundheitlichen Chancengleichheit ist es wichtig diese Barrieren zu beseitigen.

Zielsetzung

Ziel ist es, die existierenden Angebote von Interface Wien zu Gesundheitskompetenz fördernden Angeboten zu machen und diese auf unterschiedlichen Ebenen (z.B. im Zuge des Deutschunterrichts, im Rahmen der Sozialberatungen oder bei Bildungsveranstaltungen in den Communities) integriert zu stärken und zu trainieren. Die MitarbeiterInnen von Interface Wien stellen durch ihre Vorerfahrungen, ihren Kundenkontakt und ihre Sensibilität für das Thema ideale Multiplikatorinnen/Multiplikatoren in diesem Setting dar. Sie sind auch selbst „Kundinnen/Kunden“ des Projekts, da über 70 % von ihnen Flucht- oder Migrationshintergrund haben. Aus diesem Grund adressieren die Maßnahmen des Projekts auch die MitarbeiterInnen als Zielgruppe und verfolgen im Sinne der Definition von Gesundheitskompetenz (Parker, R. 2009) Ziele auf Ebene der Organisation, die zu einer nachhaltigen Sicherung der Projektergebnisse beitragen:

  • Sensibilisierung der MitarbeiterInnen von Interface Wien für die

o (persönliche und berufliche) Bedeutung und

o unterschiedlichen Dimensionen von Gesundheitsförderung, insbesondere die Förderung der persönlichen und sozialen Gesundheitskompetenz.

  • Partizipative Weiterentwicklung der Gesundheitskompetenzen der MitarbeiterInnen
  • Qualifizierung der MitarbeiterInnen für die Integration von Gesundheitsförderung –insbesondere von Maßnahmen zur Förderung der persönlichen Gesundheitskompetenz – in den Angeboten von Interface Wien
  • Nachhaltige Sicherung des Wissens auf Ebene der Organisation durch die strukturelle Verankerung von Gesundheitsförderung, insbesondere Maßnahmen zur Steigerung der Gesundheitskompetenz

Auf Ebene der Kundinnen/Kunden werden folgende Ziele verfolgt:

  • Bedarfsanalyse in Bezug auf das Thema Gesundheit
  • Verankerung von „Gesundheitskompetenzen als Alltagskompetenzen“ in den Angeboten von Interface Wien
  • Empowerment von Migrantinnen/Migranten hinsichtlich des eigenen Gesundheitszustandes und der Selbstsorge
  • Verbesserte Gesundheitskompetenzen bei den Zielgruppen von Interface Wien als Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit für vulnerable Gruppen

Auf Ebene des Gesundheitssystems wird folgendes Ziel verfolgt:

  • Verstärkung der Vernetzung mit Akteurinnen/Akteuren im Bereich Gesundheitskompetenz in Wien im Dienste der Zielgruppen

Zielgruppen

Zielgruppen im Setting Familie, Kindergarten, Schule (Eltern, werdende Eltern, Kinder und Jugendliche), im Setting Betrieb (Angestellte, Betriebsräte, Arbeitsmediziner, Sicherheitsvertrauenspersonen), im Setting Gemeinde/Stadtviertel (Jugendliche im außerschulischen Bereich, Erwachsene, Menschen mit Behinderung/chronischer/schwerer Erkrankung, Erwerbsarbeitslose Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, Flüchtlinge, Asylwerberinnen/-werber, wohnungslose Menschen), im Setting Gesundheits- und Sozialwesen (Berufsgruppen der psychosozialen Versorgung Psychologinnen/Psychologen, Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter)

Methodik

Das Projekt unterteilt sich in vier Projektphasen, die zeitlich und inhaltlich ineinander übergehen. Konkrete Maßnahmen werden laufend und partizipativ erarbeitet und richten sich daher stark nach den Bedürfnissen der Kundinnen/Kunden und MitarbeiterInnen. Der gesamte Prozess – von der Analyse bis zur nachhaltigen Verankerung – wird durch eine „externe Gesundheitsförderungsbegleitung“ von queraum. kultur- und sozialforschung unterstützt. Das Team der externen Gesundheitsförderungsbegleitung besitzt Expertise im Bereich der Gesundheitskompetenz sowie der Gesundheitsförderung und übernimmt innerhalb des Projekts eine steuernde und moderierende Funktion, die sich in den einzelnen Phasen unterschiedlich gestaltet.

1) Vorbereitung und Analyse

In der ersten Phase bekommen Entscheidungs- und Kommunikationsstrukturen einen Rahmen, indem regelmäßige Treffen der Steuerungsgruppe stattfinden. Zur Bekanntmachung innerhalb der Organisation wird das Projekt in den einzelnen Abteilungen präsentiert. Um die Bedürfnisse zu erheben, wird durch queraum eine IST-Analyse anhand einer Fokusgruppenbefragung bei den MitarbeiterInnen sowie einer Fragebogenerhebung bei den Kundinnen/Kunden durchgeführt.

2) Maßnahmenentwicklung und -durchführung (auf Multiplikatorenebene)

Ein innerbetriebliches Gesundheitsteam konzipiert auf Grundlage der Ergebnisse der IST-Analyse, setzt in einem ersten Schritt passende Maßnahmen für die MitarbeiterInnen, die die Rolle der Multiplikatorinnen/Multiplikatoren übernehmen. Hier sind Inputs zu verschiedenen Themen (z.B. Flucht oder Gewalt) genauso vorstellbar wie die Erstellung eines Methodensets für die Bearbeitung unterschiedlicher Themen in den Kursen (z.B. zum Thema Geburtenkontrolle). Ebenso umgesetzt werden können Maßnahmen, die primär die MitarbeiterInnen selbst betreffen, wie zum Beispiel Workshops zum Thema Stressbewältigung oder Sportangebote.

3) Transfer zu den Kundinnen/Kunden – Methodenentwicklung und -umsetzung

Auch die im Zuge der IST-Analyse erhobenen Bedürfnisse der Kundinnen/Kunden werden aufgegriffen, um passende Maßnahmen zu konzipieren. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie das Thema Gesundheit und die Steigerung der Gesundheitskompetenz vermehrt und nachhaltig in den laufenden Beratungen, Kursen und Bildungsveranstaltungen eingebaut werden. Die neuen Inhalte können auf unterschiedliche Weise an die Kundinnen/Kunden weitergegeben werden (z.B. durch eine Erweiterung der Kurscurricula oder in Form von Workshops oder Aktivitäten). queraum begleitet und unterstützt bei der Entwicklung und Planung der Maßnahmen für MitarbeiterInnen und Kundinnen/Kunden.

4) Nachhaltigkeitsphase

Die Projektergebnisse werden am Ende des Projekts innerhalb der Organisation vorgestellt. Damit die gewonnenen Erkenntnisse nach außen getragen werden und auch auf Ebene des Gesundheitssystems genutzt und weiterentwickelt werden können, wird im Laufe des Projektes auf eine Verstärkung der Vernetzung mit Akteurinnen/Akteure im Bereich Gesundheitskompetenz geachtet.

Beitrag zum Wirkungsziel 2

Die Bildungs-, Informations- und Beratungsangebote von Interface Wien bieten ein ideales Setting, um die Gesundheitskompetenz der Kundinnen/Kunden auf unterschiedlichen Ebenen zu fördern:

Förderung der funktionalen und interaktiven Gesundheitskompetenz: Die Vermittlung von Gesundheitswissen sowie die Anwendung dieses Wissens in interaktiver Form, sind wichtige Bestandteile des bestehenden Angebots von Interface Wien. Durch das Projekt „Integration und Gesundheit“ wird die Wissensvermittlung über Gesundheitsrisiken und über die adäquate Nutzung des medizinischen Angebots weiter ausgebaut und systematisch in die bestehenden Angebote integriert.

Stärkung von motivationalen Komponenten: Neben dem Fokus auf wissensbasierten und kommunikativen Fähigkeiten, werden die Kundinnen/Kunden als auch die MitarbeiterInnen von Interface vermehrt in ihrer Selbstbestimmung und gesundheitsbezogenen Selbstwirksamkeit gestärkt. Die partizipativ geplanten Aktivitäten und Aktionen (z.B. Exkursionen oder Workshops) verfolgen das Ziel, den Kundinnen/Kunden den Zugang zu Angeboten und Informationen im Gesundheitswesen zu erleichtern und die Selbstbestimmung in Bezug auf die eigene Gesundheit zu stärken. Die Ergebnisse und Lernerfahrungen die innerhalb des Projekts gewonnen werden, können für andere Institutionen mit ähnlichen Zielgruppen von Interesse sein. Der Wissenstransfer an Kooperationspartner, Entscheidungsträger und Stakeholder ist ein zentraler Bestandteil des Projekts.

16.11.2017
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