Die ersten Daten zur Gesundheitskompetenz der österreichischen Bevölkerung wurden 2011 im Rahmen des European Health Literacy Survey (HLS‐EU) erhoben. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass Österreich in Sachen Gesundheitskompetenz, verglichen mit sieben anderen europäischen Ländern, einen großen Nachholbedarf hat. Dieser Befund war ausschlaggebend dafür, dass der Stärkung der Gesundheitskompetenz eines von zehn Gesundheitszielen gewidmet und die Einrichtung der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) durch die Bundeskommission Ende 2014 beschlossen wurde. 2015 nahm die ÖPGK ihre Arbeit auf, 2016 wurde sie erstmals evaluiert. Vor dem Hintergrund, dass sich die Plattform in den letzten fünf Jahren quantitativ und qualitativ wesentlich weiterentwickelt hat, wurde eine zweite externe Evaluierung der bisherigen Arbeit der ÖPGK vorgenommen.
Gesundheitsziel 3
Die Österreichischen Gesundheitsziele griffen die „Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung“ als prioritäres Ziel auf (s. Gesundheitsziele Österreich: https://gesundheitsziele‐oesterreich.at). Die Arbeitsgruppe des Gesundheitsziels 3 schuf mit ihrem Bericht detaillierte Grundlagen für die Umsetzung in Österreich (Bericht der Arbeitsgruppe des Gesundheitsziels 3). Das Gesundheitsziel 3 soll über 3 Wirkungsziele erreicht werden.
Wirkungsziel 1: Das Gesundheitssystem unter Einbeziehung der Beteiligten und Betroffenen gesundheitskompetenter machen.
Operative Ziele zur Erreichung von Wirkungsziel 1
- Gute Gesprächsqualität im Gesundheitssystem ist systematisch umgesetzt.
- Öffentlich finanzierte Gesundheitsinformation entspricht den Kriterien für
Gute Gesundheitsinformation Österreich. - Gesundheitseinrichtungen sind gesundheitskompetente Organisationen.
- Öffentliche Gesundheitsinformationen und -beratung werden flächendeckend
und niederschwellig angeboten (TEWEB, gesundheit.gv.at, ELGA).
Wirkungsziel 2: Die persönliche Gesundheitskompetenz unter Berücksichtigung von vulnerablen Gruppen stärken.
Operative Ziele zur Erreichung von Wirkungsziel 2
Aufbauend auf einer guten Bildung (sinnerfassend lesen, schreiben und rechnen), haben alle Schülerinnen und Schüler am Ende der Pflichtschulausbildung
- Medienkompetenz zum Suchen, Verstehen, Bewerten und Anwenden von Gesundheitsinformationen,
- kommunikative Fähigkeiten, um ihre gesundheitlichen Anliegen formulieren
und Fragen dazu stellen zu können, - Grundkenntnisse der körperlichen und psychosozialen Gesundheit,
gesundheitsfördernder Lebensweisen, der Laienversorgung und der
professionellen Krankenversorgung.
Vulnerablen Gruppen (über 65-Jährige, Einkommensschwache, Migrantinnen/Migranten, bildungsferne Gruppen, Menschen mit chronischen Erkrankungen…) stehen zielgruppenspezifische, gesundheitskompetenzfördernde Angebote flächendeckend zur Verfügung. Diese Gruppen können Entscheidungen für ihre körperliche und psychosoziale Gesundheit treffen, die ihnen eine gesundheitsfördernde Lebensweise, gute Laienversorgung und professionelle Krankenversorgung ermöglichen.
Organisationen mit Bildungs-, Beratungs- und Freizeitangeboten haben eine definierte Zuständigkeit für das Thema Gesundheitskompetenz, insbesondere
- Kinderbetreuungseinrichtungen,
- Schulen
- Einrichtungen der außerschulischen Jugendarbeit
- Einrichtungen der Erwachsenenbildung
- Sportvereine und ähnliche Einrichtungen
- Beratungseinrichtungen (für Frauen, Männer, Seniorinnen/Senioren …)
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Wirkungsziel 3: Gesundheitskompetenz im Dienstleistungs- und Produktionssektor verankern.
Operative Ziele zur Erreichung von Wirkungsziel 3
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- Wirtschaft und Gesetzgeber sorgen gemeinsam dafür, dass Konsumentinnen/Konsumenten informierte Konsumentscheidungen im Sinne ihrer Gesundheit treffen können. Die ÖPGK tritt mit den relevanten Akteurinnen/Akteuren in Dialog.
Die ÖPGK wurde zur langfristigen und nachhaltigen Unterstützung der Umsetzung der drei Wirkungsziele des Gesundheitsziels 3 eingerichtet. Die ÖPGK koordiniert, unterstützt und entwickelt die Umsetzung des Gesundheitsziels 3 weiter.
Gesundheitskompetenz in der Zielsteuerung-Gesundheit
Am laufenden Gesundheitsreform-Prozess „Zielsteuerung-Gesundheit“ wirken das Gesundheitsministerium, die Länder und die Sozialversicherung mit. Für jeweils festgesetzte Zeiträume werden zwischen den Partnern konkrete Ziele und Umsetzungsmaßnahmen vereinbart. Seit 2013 ist auch Gesundheitskompetenz in der Zielsteuerung verankert. In diesem Rahmen wurden in den letzten Jahren vor allem Entwicklungsarbeiten rund um die Schwerpunkte der ÖPGK vorangetrieben und die Österreich-Befragung im Rahmen der internationalen Gesundheitskompetenz-Studie HLS-19 durchgeführt.
ÖPGK-Wirkmodell
Der ÖPGK liegt ein komplexes Wirkungsgefüge mit langen Wirkungsketten zugrunde. Das Kern-Team als oberstes Koordinierungsgremium der ÖPGK hat operative Ziele, passend zu den drei Wirkungszielen des Gesundheitsziels 3, erarbeitet, die im ÖPGK-Wirkmodell abgebildet sind.