Gute Gesundheitsinformation: Wie die Umsetzung in der Praxis gelingen kann
Gesundheitstipps gibt es wie Sand am Meer. Doch woran erkenne ich gute und verlässliche Information? Und was braucht es in der Praxis bei der Erstellung? Die Empfehlungen „Gute Gesundheitsinformation Österreich“ der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz bilden mit ihren 15 Qualitätskriterien einen hervorragenden Rahmen für verlässliche Gesundheitsinfos. Sie legen die Latte allerdings auch sehr hoch. Zeitdruck, Budgetvorgaben und Platzbeschränkungen ermöglichen es in der Praxis oft nicht, alle Kriterien zu erfüllen.
So mangelt es vielfach an der Zeit, dem Geld oder der Expertise für systematische Literaturrecherchen in medizinischen Datenbanken. Oft fehlt auch einfach der Platz auf Flyern und Foldern, um den möglichen Nutzen und Schaden aller Behandlungsoptionen ausführlich zu beschreiben und alle Quellen anzuführen. Manchmal – so wie etwa jetzt bei Infos zu COVID-19 – kann es auch zielführend sein, klare Empfehlungen auszusprechen und nicht nur Entscheidungshilfen zu bieten. Das Informationsbedürfnis der Nutzer/-innen kann sehr unterschiedlich sein.
Die Eckpfeiler guter Gesundheitsinformation
Allen Hürden in der Praxis zum Trotz ist es unerlässlich, zumindest die drei Eckpfeiler guter Gesundheitsinformationen zu wahren: Unabhängigkeit, Evidenzbasierung und Verständlichkeit.
Unabhängig sind Gesundheitsinformationen dann, wenn niemand Einfluss auf die Inhalte nimmt – weder die Pharma- oder Medizinprodukteindustrie, noch die Krankenkassen, die Apotheken, die Ärztekammern oder die Gesundheitsbehörden.
Evidenzbasiert sind Gesundheitsinformationen dann, wenn sich jemand die Mühe macht, alle verfügbaren Forschungsergebnisse zu sammeln, zu bewerten und zusammenzufassen. Weil Studien oft zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist es wichtig bei der Suche und Bewertung systematisch vorzugehen. Die Methode sollte auf jeden Fall nachvollziehbar dokumentiert sein. Weil immer wieder neue Studien dazu kommen, müssen Gesundheitsinformationen auch regelmäßig aktualisiert werden.
Besonders wichtig ist es, dass Gesundheitsinformationen, die sich an medizinische Laien wenden, einfach zu lesen und verständlich sind. Menschen, die sich informieren wollen, sollen rasch Antworten auf ihre wichtigsten Fragen erhalten.
Die Anforderungen an die Praxis
Für die Umsetzung in der Praxis ergeben sich daraus drei grundsätzliche Anforderungen an die Auftraggeber/-innen und Ersteller/-innen von Gesundheitsinformationen:
1. Gute Gesundheitsinformationen brauchen Zeit und Geld
Die Suche nach der besten verfügbaren Evidenz, also den verlässlichsten Forschungsergebnissen, erfordert viel Wissen, Geduld und Zeit. Im Idealfall werden die Recherche und Bewertung von zwei dazu ausgebildeten Personen unabhängig voneinander durchgeführt und in Reviews geprüft.
2. Gute Gesundheitsinformationen brauchen Zusammenarbeit
Oft sind nicht diejenigen, die nach Studien suchen und sie bewerten können auch diejenigen, die sie am verständlichsten zusammenfassen können. Das erfordert unterschiedliche Kompetenzen. Die Zusammenarbeit zwischen EBM-Expert/-innen und Journalist/-innen wirkt sich in der Regel positiv auf die Qualität der Gesundheitsinformation aus.
3. Gute Gesundheitsinformationen brauchen Diskussion
Oft sind die Ergebnisse von Studien nicht eindeutig oder haben wenig Aussagekraft. Darum ist es hilfreich, wenn sie mit Menschen diskutiert werden, die einen Gesundheitsberuf in der Praxis ausüben oder zu einem speziellen Thema geforscht haben. Ganz besonders wichtig ist es, die Gesundheitsinformationen mit jenen zu diskutieren, für die sie geschrieben wurden: Den Bürger/-innen und Patient/-innen. Diese Anforderungen lassen unschwer erkennen, dass die Erstellung guter Gesundheitsinformationen ein aufwändiger Prozess ist. Dafür fehlt leider manchmal das Verständnis derjenigen, die rasch und um wenig Geld ein paar Gesundheitstipps veröffentlichen wollen. Eine stärkere und bessere Zusammenarbeit der öffentlichen Institutionen, die qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen erstellen, wäre zielführend, um den Aufwand zu verringern und Synergien zu nutzen.
Das Projekt „KomPat“
Im Rahmen des Projekts „KomPat – Kompakte Gesundheitsinfos für kompetente Patient/-innen“ wurde an der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) eine Vorgangsweise entwickelt, um möglichst effizient kompakte, qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen für die Laienversorgung zu erstellen. Jede einzelne Empfehlung ist sorgfältig recherchiert und mit Quellen hinterlegt, ein mehrstufiges Review-Verfahren garantiert höchstmögliche Zuverlässigkeit und eine Nutzertestung stützt die Verständlichkeit und Zielgruppenorientierung. Die Methoden der Recherche und Qualitätssicherung, die Quellen, Autor/-innen sowie Reviewer/-innen sind transparent und nachvollziehbar beschrieben, ihre potenziellen Interessenkonflikte offengelegt.
Das Projekt „KomPat“ wurde vom Dachverband der Sozialversicherungsträger beauftragt und an der Gesundheit Österreich GmbH in enger Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) und der Karl Landsteiner Privatuniversität (KL) umgesetzt. Es wurde als Maßnahme in die ÖPGK aufgenommen.
Weitere Informationen
- Der Pilotbericht ist hier abrufbar. Weitere 15 Themen werden demnächst veröffentlicht.
- Der Dachverband der Sozialversicherungsträger und die Gesundheit Österreich sind mit ihrer Maßnahme Gesundheitsinfos zur Laienversorgung Mitglieder der ÖPGK
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Autorin: Andrea Fried
Datum der Veröffentlichung: 22.01.2021